Safety Culture Ladder 2.0: Veröffentlicht, … und nun?

Die Safety Culture Ladder 2.0 ist seit September veröffentlicht und die Vorbereitungen für den Start im deutschsprachigen Raum laufen.

Der SCL 2.0 – Standard wurde neu strukturiert und inhaltlich vereinfacht. Inhaltlich ergeben sich es nur geringfügige Änderungen. Ab dem 01.01.2025 sind Neuzertifizierungen nur noch nach SCL 2.0 möglich. Es macht Sinn sich einen Plan zu überlegen, wie man die Übergangszeit (3 Jahre) gestalten möchte. Erste SCL 2.0- Audits im deutschsprachigen Raum finden unserer Einschätzung nach im späten 1. Quartal 2024 statt und die Qualifizierung als neue/r SCL-AuditorIn ist voraussichtlich zum Beginn 2024 möglich.

  1. Was ist nun anders?

  2. Wie gehe ich als zertifiziertes Unternehmen mit der Neuerung um? / Was bedeutet die SCL 2.0 für mich als Unternehmen, wenn wir noch gar nicht zertifiziert sind?

  3. Wie werden die AuditorenInnen auf die SCL 2.0 vorbereitet?

  4. Wie sieht die Übergangszeit genau aus?


1- Was ist nun anders?

Die Idee der Überarbeitung war vor allem die einer Vereinfachung der Sprache und der Anforderungen der Safety Culture Ladder. Es ging also nicht darum, neue Anforderungen einzuarbeiten, sondern vielmehr den anwendenden Organisationen die Arbeit mit dem Kulturschema zu erleichtern. Darüber hinaus sollten Interpretationsschwierigkeiten des Schemas weitgehend aufgelöst werden. Dies war in der Praxis oftmals zu Beginn einer Implementierung der SCL eine große Schwierigkeit und ein Hemmnis. Wir externen BeraterInnen haben in diesen Fällen vor allem „Übersetzungshilfe“ geleistet.

Die grundlegende Struktur des Reifegradmodells bleibt demnach unverändert. Es gibt weiterhin die 5 Reifegrade für die Sicherheitskultur, basierend auf der ursprünglichen „Bradley-Kurve“. Die bisherigen 6 Unternehmensaspekte wurden zwar zu 5 „Themen“ (neuer Begriff!) zusammengeführt, dabei sind jedoch keine wesentlichen Anforderungen hinzugekommen. Vereinzelt wurden konkrete Anforderungen weggelassen, wie zum Beispiel die Anforderung, dass die Untersuchung nach einem Unfall innerhalb von 6 Wochen abgeschlossen sein musste. Man hat an diesen Stellen bewusst vermieden, allzu konkrete Vorgaben zustellen. Eine Unfalluntersuchung muss natürlich dennoch zeitnah und ernsthaft geschehen. Für diejenigen, die ein Gefühl dafür entwickeln möchten, wie die bisherigen Anforderungen neu zugeordnet wurden, empfehlen wir die Betrachtung der Referenztabelle im Anhang A der SCL 2.0. Von einem konkreten Abgleich zwischen SCL 1.0 und SCL 2.0 raten wir jedoch ab, der Erkenntnisgewinn wird nicht hoch sein. Später mehr dazu.

Um den Kulturaspekt zu verdeutlichen, hat man den Aufbau der Anforderungen unterteilt: Es wird in den Themen und „Unterthemen“ (ebenfalls ein neuer Begriff!) nun zwischen „Rahmenbedingungen“ und „Verhalten“ differenziert (siehe Abbildung):


Für ein besseres Verständnis der Beweggründe für diese Änderung eignet sich hier das sogenannte Triadische Wirkmodel von Dr. Wieland:


Hierdurch wird klar, dass für sichere Arbeit sowohl Strukturen (hier: Rahmenbedingungen), als auch eine entsprechende Haltung (später ersichtlich durch beobachtbares Verhalten) notwendig sind. Beide Seiten bedingen sich gegenseitig und sind Voraussetzung für eine wirksame Sicherheitskultur.

Wie in der Abbildung aus der SCL 21.0 erkenntlich ist, legt der „Normtext“ (ebenfalls neue Begrifflichkeit; alter Begriff war „Zertifizierungsschema“) nun Anforderungen für die jeweiligen Themen und Unternehmen auf jeder Stufe der Sicherheitsleiter von Stufe 1 bis 5 fest – und dies jeweils für die „Rahmenbedingungen“ und „Verhalten“.

Eine weitere Neuerung ist auch die Beurteilung der SCL. Der bisherige Bewertungsmaßstab anhand von Punkten und eines Ergebnisses, welches in Prozentpunkten die erreichte Stufe dargelegt hat, fällt nun weg. Sicherlich sind hierüber nicht alle Anwender glücklich. Für viele Führungskräfte und Geschäftsleitungen ergab sich somit eine gewisse Messbarkeit der Sicherheitskultur. Wenn wir jedoch annehmen, dass Kulturarbeit etwas mit der tiefen Überzeugung von Menschen und deren Verhalten zu tun hat, dann fällt es schwer, dies in Punkte zu fassen.

An die Stelle der bepunkteten Bewertung, tritt also eine Bewertung der AuditorInnen, welche auf einer Farbskala beruht. Hier ein Beispiel:

Aktuell erscheint dies noch recht grob und die Auditpraxis im kommenden Jahr wird zeigen, wie hilfreich dies ist. Für die Verbesserung für die anwendenden Organisationen ist aus unserer Sicht nur eine detaillierte HeatMap mit konkreten Verbesserungspunkten wirkungsvoll. Als übergeordnete Zusammenfassung des Ergebnisses kann die o.a. Darstellung jedoch dienen.


2- Wie gehe ich als zertifiziertes Unternehmen mit der Neuerung um? / Was bedeutet die SCL 2.0 für uns, wenn wir noch gar nicht zertifiziert sind?

Die Neuerung startet nun zum 01.01.2024. In der Theorie könnte man dann bereits ein Audit nach SCL 2.0 in Deutschland durchführen. Die Praxis ist jedoch aktuell noch nicht ganz so weit. Die AuditorInnen müssen selber aktuell noch einen Fortbildungsprozess durchlaufen, welcher voraussichtlich im ersten Quartal 2024 abgeschlossen werden wird. Dies hängt u.a. auch an noch zu übersetzenden Inhalten für die SCL 2.0 Trainings.

Grundsätzlich zunächst noch kein Problem. Das Jahr 2024 dient als erstes Übergangsjahr. Hier wird es beide Varianten der SCL parallel zueinander geben. Erst ab dem 01.01.2025 sind Neuzertifizierungen nur noch nach SCL 2.0 möglich.

Als bereits zertifizierte Organisation sollte man sich das bisherige Zertifikat und die Geltungsdauer heranziehen. Steht das nächste „Rezertifizierungsaudit“ beispielsweise für 2025 oder 2026 an, so eignen sich durchaus beide Jahre für den Umstieg auf die SCL 2.0. Ob eine Zertifizierung nach SCL 2.0 bereits 2024 sinnhaft ist, ist hingegen eher für den individuellen Einzelfall zu betrachten. Gerne stehen wir auch für diese Fragen als Ansprechpartner zur Verfügung.

Organisationen, die noch gar nicht zertifiziert sind und insbesondere mit der Selbstbewertung noch nicht gestartet haben, sollten bereits jetzt überlegen sich, auf die SCL 2.0 einzustellen. Wurden bereits erste Schritte (bspw. die Selbstbewertung bzw. Analyse des bisherigen Zertifizierungsschemas oder erste Maßnahmen) unternommen, so sollte auch hier der Einzelfall betrachtet und die Optionen abgewogen werden.

Eine Option, um die SCL 2.0 auch im Zuge eines bereits laufenden Implementierungsvorgangs zu betrachten, besteht darin, die SCL 2.0 als Basis für eine Wirksamkeitsprüfung gegen Ende der Implementierung heranzuziehen.

Das sogenannte Webtool zur SCL (https://www.webtoolscl.nl/de/) steckt zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Newsletters noch in Bearbeitung. Eine neue Variante erwarten wir im 1. Quartal 2024.


3- Wie werden die AuditorenInnen auf die SCL 2.0 vorbereitet?

Für die Zertifizierungsstellen und AuditorInnen steht zunächst eine Vorbereitungsphase ins Haus. Bereits praktizierende AuditorInnen durchlaufen dabei ein 1-tägiges Trainingsmodul mit ergänzendem e-Learning. Diese finden aller Voraussicht im 1 Quartal 2023 für den deutschsprachigen Raum statt.

Realistisch starten danach die ersten richtigen Zertifizierungsvorgänge. Parallel dazu werden  Zertifizierungsstellen sogenannte Witness-Audits und Qualitätskontrollen durchlaufen.

Wer sich als neue/r SCL-AuditorIn qualifizieren will, muss sich voraussichtlich bis zum Beginn des neuen Jahres gedulden. Denn auch die 2-tägigen Kurse für neue AuditorInnen der SCL 2.0 müssen entwickelt und durch die NEN zugelassen werden.  

Wer Interesse an weiteren Informationen zur Safety Culture Ladder hat, kann am besten mal bei www.ecco.de vorbeischauen. Dort gibt es in den kommenden Wochen unterschiedliche Veranstaltungen zum Thema. Auch lohnt sich ein Blick auf die Seiten der NEN (safetycultureladder.com), denn dort finden sich die aktuellen Dokumente, sowie seit neustem auch eine weiterführende Erläuterung zur SCL 2.0.


4- Wie sieht die Übergangszeit genau aus?

  • SCL 2.0 wird ab dem 1. Januar 2024 eingeführt, d.h. ab diesem Zeitpunkt kann SCL 2.0 zertifiziert werden. Bis zum 31.12.2024 kann auch noch nach SCL 1.0 zertifiziert werden.

  • Es gilt eine Übergangszeit von 3 Jahren.

  • In der Übergangszeit bleiben SCL 1.0 Zertifikate gültig.

  • Neue SCL 1.0 Zertifikate, die bis zum 31.12.2024 abgegeben werden, haben eine Gültigkeit von 3 Jahren.

  • Ab dem 1. Januar 2025 dürfen keine (Re- bzw. Neu-)Zertifizierungen nach SCL 1.0 mehr durchgeführt werden; Überwachungsaudits sind natürlich noch möglich im Rahmen der Übergangszeit.

  • Bei einem zwischenzeitlichen Übergang auf SCL 2.0 findet ein Audit wie bei einer Re- bzw. Neuzertifizierung statt.


Zusammenfassung:

  • Die SCL 2.0 ist neu strukturiert und inhaltlich bestmöglich vereinfacht.

  • Inhaltlich gibt es nur geringfügige Änderungen.

  • Es macht Sinn sich einen Plan zu überlegen, wie man die Übergangszeit (3 Jahre) gestalten möchte.

  • Ab dem 01.01.2025 sind Neuzertifizierungen nur noch nach SCL 2.0 möglich.

  • Ein realistisches erstes Audit im deutschsprachigen Raum findet unserer Einschätzung nach im späten 1. Quartal 2024 statt.

  • Qualifizierung als neue/r SCL-AuditorIn ist voraussichtlich zum Beginn 2024 möglich.


Schreiben Sie uns gerne und nehmen Sie direkten Kontakt zu
Christian Fuchs (fuchs@ecco.de) oder
Pascal Behrens (behrens@ecco.de) auf.


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